Herdenschutzmaßnahmen im Herbst
Im Spätsommer und Herbst ist vermehrt auf einen guten Herdenschutz zu achten, da es hier erfahrungsgemäß vermehrt zu Übergriffen auf Nutztiere kommt. Dieses saisonale Muster, ist aus Deutschland und anderen europäischen Wolfsgebieten bekannt.
Tierhalter, die ihre Schafe und Ziegen nicht über Nacht einstallen können, sollten gerade jetzt ihre Schutzmaßnahmen überprüfen bzw. Schwachstellen zeitnah beseitigen, um Verluste von Nutztieren durch Wölfe möglichst zu verhindern.
Die Umzäunungen dürfen keine Durchschlupfmöglichkeiten am Boden bieten und alle Seiten der Koppeln müssen geschlossen sein – über offene Gräben oder Gewässer können Wölfe leicht eindringen. Außerdem sollte die Koppel nicht zu klein sein, damit die Tiere selbst bei einem versuchten Übergriff durch einen Wolf genügend Platz zum Ausweichen haben und nicht aus der Koppel ausbrechen.
Stromführende Zäune mit einer Höhe von 100 cm bis 120 cm bieten einen wirksamen Schutz, da ein schmerzhafter Stromschlag den Wolf in der Regel abschreckt. Sowohl Netzzäune als auch stromführende Litzenzäune (mit mindestens fünf Litzen) sind geeignet. Bei den Elektrozäunen ist auf eine ausreichende Spannung (mind. 2.500 V) und eine gute Erdung zu achten. Die Zäune müssen gut gespannt sein, sodass sie die empfohlene Höhe auf der gesamten Koppellänge aufweisen und keine Möglichkeiten zum leichten Einspringen an durchhängenden Stellen bieten.
Im Territorium des Rosenthaler Wolfsrudels sind Schaf- und Ziegenhalter weiterhin dazu aufgerufen, einen Elektrozaun in Kombination mit einem »Flatterband« (Breitbandlitze) zu verwenden, da sich dies als effektive Maßnahme gegen das Überspringen bewährt hat. Das »Flatterband« ist eine i.d.R. nicht stromführende Breitbandlitze, die ca. 20 - 30 cm über dem Elektrozaun angebracht wird, so dass sie frei in der Luft hängt (s. Foto). Der Zaun wird dadurch optisch erhöht und dem Wolf wird es erschwert, die Höhe des Hindernisses abzuschätzen. Größere Schäfereibetriebe können alternativ zum »Flatterband« auch Herdenschutzhunde einsetzen.
Als Tierhalter im Territorium des Rosenthaler Wolfsrudels können Sie das benötigte Material (Breitbandlitze, Weidepfähle) auch in diesem Jahr wieder kostenfrei bei der Biosphärenreservatsverwaltung ausleihen (Kontakt: siehe unten).
Diese zusätzliche Schutzmaßnahme ist im Gebiet des Rosenthaler Territoriums voraussichtlich bis Ende Dezember 2017 notwendig. Über eine Verlängerung dieses Zeitraumes wird zeitnah informiert.
Bei einem Nutztierriss in Cunnewitz am 27.08.2017 (die Presse berichtete) war die betreffende Weide nicht wie empfohlen gesichert. An einem vorhandenen Festzaun wurde auf der Innenseite ein Elektrozaun aufgestellt, der sich sehr nah hinter dem Festzaun befand. Die vom Wolfsmanagement bereits 2016 an den betroffenen Tierhalter ausgesprochene Empfehlung, einen Elektrozaun mit »Flatterband« (20-30 cm darüber) im Abstand von mind. 3 m zum Festzaun aufzubauen, wurde nicht umgesetzt. Diese Maßnahme wird allen Tierhaltern mit vergleichbaren Haltungsbedingungen im Territorium des Rosenthaler Wolfsrudels empfohlen. Der Abstand zwischen Festzaun und Elektrozaun ist deshalb erforderlich, damit nicht beide Zäune gleichzeitig überwunden werden und der Elektrozaun mit »Flatterband« seiner Schutzwirkung überhaupt gerecht werden kann.
Festzäune aus Maschendraht, Knotengeflecht oder ähnlichem Material werden seitens des Wolfsmanagements für Schafe und Ziegen nicht empfohlen, da sie anders als Elektrozäune beim Versuch, sie zu überwinden, keinen Schmerz verursachen. Erfahrungsgemäß können sie von Wölfen leicht untergraben oder übersprungen bzw. überklettert werden. Die Schutzwirkung von »Flatterband« in Kombination mit Festzäunen ist fraglich, weshalb davon abgeraten wird. Da der Zaun selbst kaum ein Hindernis darstellt, besteht hier sogar die Gefahr, dass Wölfe die Vorsicht vor »Flatterband« verlieren.
Am 05.09.2017 wurde bei einem Nutztierriss in Schönau bei Cunnewitz ein Schaf getötet. Bei der Begutachtung des Schadens konnte nicht festgestellt werden, dass ein Wolf den stromführenden Litzenzaun, über welchem ein »Flatterband« gespannt war, übersprungen hat. Der Zaun war teilweise nach außen niedergedrückt und Schafe aus der Koppel ausgebrochen. Auch das tote Schaf befand sich außerhalb des Zaunes.
Schaf- und Ziegenhalter sowie Betreiber von Wildgattern haben die Möglichkeit, sich im Rahmen der Förderrichtlinie »Natürliches Erbe« Herdenschutzmaßnahmen gegen Wolfsangriffe (Anschaffung von Elektrozäunen, Flatterband und Herdenschutzhunden, Installation von Untergrabschutz bei Wildgattern) fördern zu lassen. Dies gilt sowohl für Hobbyhalter als auch für Tierhalter im landwirtschaftlichen Haupt- oder Nebenerwerb. Der Fördersatz liegt bei 80 % der förderfähigen Ausgaben (vom Netto).
Bei Fragen zu Herdenschutzmaßnahmen oder zur Förderung solcher können sich Tierhalter an einen der folgenden Mitarbeiter wenden. Die Beratung ist kostenfrei und kann auch vor Ort stattfinden.
- Herr Klingenberger, zuständig für die Landkreise Görlitz, Bautzen, Meißen und Sächsische Schweiz – Osterzgebirge, sowie die Stadt Dresden, von der Biosphärenreservatsverwaltung in 02694 Malschwitz OT Wartha, Warthaer Dorfstraße 29 (Tel.: 0172 / 3757 602, E-Mail: andre.klingenberger@smul.sachsen.de).
- Herr Klausnitzer, zuständig für die Landkreise Nordsachsen, Leipzig, Mittelsachsen, Zwickau, Erzgebirge und Vogtland, sowie die Städte Leipzig und Chemnitz, vom Fachbüro für Naturschutz und Landschaftsökologie in 04741 Roßwein, OT Haßlau, Nr. 29a (Tel.: 0151 / 5055 1465, E-Mail: herdenschutz@klausnitzer.org).
Sollten Tierhalter bei der Kontrolle ihrer Tiere einen Übergriff durch einen Wolf vermuten, muss der Schaden innerhalb von 24 Stunden an das zuständige Landratsamt gemeldet werden, sodass eine zeitnahe Rissbegutachtung durchgeführt werden kann. An Wochenenden oder Feiertagen gibt es i. d. R. Bereitschaftspläne. Der Kontakt zu den Rissgutachtern kann auch über die Rettungsleitstellen (Tel. 112) hergestellt werden.